Die Zahnstellung als Anamnesehilfe
Im Bewusstsein vieler Menschen unseres Kulturkreises werden die Zähne nicht unbedingt dem üblichen Körper als zugehörig angesehen. Sie scheinen isoliert zu stehen und Probleme mit ihnen werden häufig auch von Menschen, die sonst alternativen Heilmethoden gegenüber aufgeschlossen sind, nicht ganzheitlich betrachtet.
Zähne als unterschätztes Körperteil
Nahezu jedes Organ hat seinen Spezialisten, das Auge den Augenarzt, das Ohr den Ohrenarzt, die Lunge den Lungenspezialisten usw., die Zähne jedoch sind im Bewusstsein der meisten Menschen vom Körper bzw. den Organzusammenhängen gedanklich weitestgehend getrennt. In ganzheitlich denkenden Kreisen wird zwar beachtet, dass jeder Zahn bestimmten Organen zugehörig ist und dass diese Organe krank sein können, wenn der zugehörige Zahn schmerzt. Aber kaum jemandem ist klar, dass über diese Zusammenhänge hinaus auch der Zahnschmerz ein Ausdruck eines Konfliktes ist, der nicht bewältigt wurde, oder dessen Bewältigung gerade anliegt. Die gegenwärtige Lebenssituation des Zahnschmerzpatienten entspricht dabei jenem Konflikt der zum schmerzenden Zahn gehört.
Zahnschmerzen in bestimmten Regionen
Schmerzen im 1.6er oder 2.6er beispielsweise deuten auf die Thematik der Position oder des geachtet seins innerhalb einer Gemeinschaft. Finden sich die Schmerzen im Oberkiefer, stehen diese für Konflikte, die aus der Herkunftsfamilie mitgebracht wurden, nicht abgeschlossene Themen z.B. aus der Kindheit oder Imitationen der Konflikte der Vorfahren. Sind die Schmerzen im Unterkiefer, dann betreffen die Probleme die Themen, die aus der Gestaltung des eigenen möglichst individuell gestalteten Lebens entstammen.
Diese Sichtweise ist äußerst komplex und kann die Problematik „schlechter, schmerzhafter“ Zähne einleuchtend deutlich und damit von Grund auf reparabel gestalten. Gehen wir noch einen Schritt weiter und betrachten die Position, die Stellung der einzelnen Zähne, dann lässt sich sogar die Position der Person in seiner Gemeinschaft wie auch seine grundlegenden Charaktereigenschaften ablesen.
Im Folgenden sehen Sie eine Übersicht über die Bedeutung der Zähne, wie sie auch in meinem Buch über die Symptomsprache zu finden ist:
Bedeutung der Zähne
1 Elterliche Prägung
2 Unterstützung
3 Vitalität
4 Rollenspiele in der Familie
5 Lebensmotivation
6 Position in der Gemeinschaft
7 Genuss oder Leidensfähigkeit
8 Individuelle Freiheit
1.1. Vater
1.2. Schutz, Unterstützung vom Vater oder an den Vater (Persönlichkeitsstärke)
1.3. Vitalkraft, wie zeige ich meine Kraft?
1.4. Stabilität zwischen Vater und Mutter (Kommunikation und Rollenspiel)
1.5. Lebensmotivation, Lebensaufgabe im rationalen Sinn
1.6. Position innerhalb der Gemeinschaft, rational
1.7. Genuss und Individualität oder rationale Anpassung
1.8. Pränatale Vaterprägung
2.1. Mutter
2.2. Schutz, Unterstützung von der Mutter oder an die Mutter (Persönlichkeitsstärke)
2.3. Vitalkraft, wie zeige ich meine emotionale Kraft
2.4. Stabilität zwischen Mutter und Vater (Kommunikation und Rollenspiel)
2.5. Lebensaufgabe, Lebensmotivation, emotionale Durchsetzung
2.6. Position und Austausch innerhalb der Gemeinschaft, emotional
2.7. Genuss und Individualität oder emotionale Anpassung
2.8. Pränatale Mutterprägung
3.1. Partnerschaftsfähigkeit, weibliche Rolle
3.2. Stabilität oder Unterwürfigkeit innerhalb der Partnerschaft
3.3. Veränderungswillig- und fähigkeit im emotionalen Sinne (Dynamik)
3.4. Umsetzung und finden der Lebensaufgabe bezüglich der Kinder
3.5. Geprägtes Verhalten Vorbild durch die Mutter
3.6. Umsetzung emotionaler Lebensfreude (Mutter)
3.7. Emotionale Kommunikationsfähigkeit
3.8. Emotionale Freiheit (Umsetzung)
4.1. Partnerschaftsfähigkeit, männliche Rolle
4.2. Stabilität oder Unterwürfigkeit in der Partnerschaft
4.3. Veränderungswillig- und fähigkeit, im rationalen Sinne (Dynamik)
4.4. Umsetzung und finden der Lebensaufgabe im Beruflichen
4.5. Geprägtes Verhalten Vorbild durch den Vater
4.6. Umsetzung rationaler Lebensfreude (Vater)
4.7. Rationale Kommunikationsfähigkeit
4.8. Rationale Freiheit (Umsetzung)
Was die Zahnstellung aussagt
Beziehung der Eltern
Wenn also beispielsweise der 1.1 den Vater symbolisiert, der 2.1 die Mutter, dann können wir an der Stellung und Größe dieser Zähne erkennen, wie kraftvoll die Eltern waren oder sind und wie ihr Verhältnis zueinander ist. Stehen beide 1er auseinander (z.B. als Diastema) kann man annehmen, dass die Beziehung der Eltern distanziert war oder ist, wenn nicht sogar beide Eltern getrennt sind. Damit zeigt die Persönlichkeit, dass die Verbindung von weiblichen und männlichen Aspekten in der Familie vermutlich schon über Generationen schwierig, wenn nicht sogar unmöglich geworden war.
Partnerschaft
In der unteren Zahnreihe entspricht der 3.1 und 4.1 der Partnerschaft, die die Person sich entsprechend der Erfahrung mit den Eltern eingehen wird. Steht z. B. der 3.1 vom dem 4.1 dann ist die weibliche Seite in der Partnerschaft stärker, als die männliche. Diese Positionen werden schon in der Kindheit gezeigt, können sich aber im Laufe der Pubertät je nach Erfahrung verändern. Die Zähne bewegen sich immer mit der eigenen Erfahrung und den eigenen Überzeugungsmustern. Dies kann auf unangenehme Weise nach einer Zahnregulierung deutlich werden, nämlich dann, wenn nach Abschluss der Behandlung die Zähne weitestgehend in die alte Position zurückgehen. Die Erklärung dafür ist einfach: die geprägten Denk- und Überzeugungsmuster sind nicht verändert worden.
Am 1.2 und am 2.2, den Zähnen der Unterstützung lässt sich deutlich sehen, ob die Eltern ihrem Kind oder das Kind den Eltern Unterstützung geben konnte und wollte. Steht der 1.2 zurück, dann kam Unterstützung, vielleicht sogar in dominanter Form, vom Vater, steht der 2.2 zurück, dann kam Unterstützung von der Mutter. Stehen die 2er aber vor den 1ern, dann ist die Person dominanter als die Eltern oder je nach Position stärker als zumindest ein Elternteil. Hat die Mutter innerhalb der Familie die Position „der Hilflosen“ gewählt, dann steht der 2.2 vor dem 2.1. Die Person wird der Mutter hilfreich zur Seite stehen, vielleicht viel zu früh, schon als Kind Verantwortung für alle und vermutlich sogar die Position der Mutter übernehmen.
Dementsprechend sagen 3.2 und 4.2 etwas aus über die Rollenverteilung in der Partnerschaft. Liegt der 3.2 zurück nimmt sich beispielsweise die weibliche Person in der Partnerschaft zurück. Im Vergleich der 2er generell können zumindest Indizien abgelesen werden, was aus der Beziehung der Eltern und deren Rollenverteilung gelernt und akzeptiert oder ob gegen die familiäre Rollenverteilung getrotzt wird.
Fazit
Der Leser wird verstehen, dass an dieser Stelle nur Beispiele für dieses Thema gegeben werden können, da die Komplexität des Themenkreises den Rahmen absolut sprengen würde.
Es ist allerdings hoch spannend, was aus der Zahnstellung für die Anamnese immer wieder neu entdeckt und abgelesen werden kann. Sicherlich wird es dazu in den nächsten Jahren weiter Forschungsarbeit und viele Seminarinhalte geben.
Antonie Peppler
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Quelle:
Antonie Peppler, Bedeutung der Symptome und Krankheitsbilder zum besseren Verständnis der homöopathischen Anamnese, CKH Verlag 8/2005